YouTube sperrt nach MA HSH-Hinweis einen Kanal, der gegen Geflüchtete und Ausländer hetzte.

„Die kranke Wahrheit über Flüchtlinge in Deutschland“, „Brutale Ausländer unterdrücken deutsche Schüler“, „Wie viel Kriminelle Flüchtlinge hält Deutschland noch aus“. Der YouTube-Kanal „Doku 2017“ enthielt 18 Videos mit diesen und weiteren alarmierenden Schlagzeilen. Im Fokus standen Geflüchtete und Ausländer.

In den Kommentaren ging die Hetze weiter: „Kriminelle Flüchtlinge??? Quatsch, das sind alles Fachkräfte und Kulturbereicherer, also die, die IM Erika Merkel so sehr gefordert hat…oder eben scheiß Kanaken“ und „Willkommen Fachkräfte: Vergewaltiger, Schläger, Zigeunergesindel, Messerstecher, Dealer, Dschihadisten....!!!“

Der Kanal stieß durchaus auf Resonanz: Er verzeichnete 1.500 Abonnenten und je nach Video bis zu 632.000 Aufrufe. Jedes einzelne Video wurde unzählige Male kommentiert. Erst bei näherem Hinsehen wurde deutlich: So aktuell waren die Videos gar nicht und sie entsprachen auch nicht dem, was die reißerischen Schlagzeilen nahe legten. Es waren Reportagen oder Dokumentationen über die Auswirkungen der Flüchtlingskrise, über Bandenkriminalität oder eine Schule in einem Problemviertel. Diese wurden zuerst auf öffentlich-rechtlichen Sendern ausgestrahlt (ZDF, phoenix, ARD, NDR). Die Journalisten beleuchteten dabei ebenfalls Probleme und Missstände, sie ordneten diese aber in einen umfassenden Zusammenhang ein, informierten sachlich und verzichteten auf schlichte Schuldzuweisungen. Wie es sich gehört.

Die Schlagzeile „Die kranke Wahrheit über Flüchtlinge in Deutschland“ befand sich beispielsweise unter einem Mitschnitt der Sendung „Panorama extra: Flüchtlinge - wie Deutschland mit ihnen umgeht“, die im Rahmen eines Themenabends im „Ersten“ am 31. August 2015 lief. Die 44-minütige Sendung beleuchtete die Fragen: „Wie werden Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen? Auf welche Hilfsbereitschaft und welche Ablehnung treffen sie? Welche Entscheidungen muss die Politik treffen?“. Die Not der Geflüchteten war Thema und die großen Herausforderungen, vor denen die Bevölkerung und die Politik damals standen.

Der Kanal enthielt somit Videos, die für sich genommen sachlich und ausgewogen waren und damit journalistische Standards erfüllten. Der Kanalbetreiber positio-nierte sich aber durch die tendenziöse Auswahl der Videos und vor allem durch die neuen Schlagzeilen eindeutig gegen Geflüchtete und Ausländer. Er skandalisierte Missstände und wies Geflüchteten oder Ausländern explizit die Schuld zu. An einer sachlichen Darstellung war ihm nicht gelegen. Er provozierte damit hasserfüllte und volksverhetzende Kommentare. Und er entfernte diese nicht.

Die Kommentatoren unterstellten Geflüchteten und Ausländern niedere Motive für ihre Flucht oder ihren Aufenthalt in Deutschland. Sie wurden pauschal als Kriminelle verunglimpft, mit derb abwertenden Begriffen tituliert und damit in ihrer Menschenwürde angegriffen. Einige Kommentatoren forderten zudem zu Willkürmaßnahmen auf: Sie sollten an die Wand gestellt, in Konzentrationslager gesteckt oder zurück ins Wasser geschmissen werden. Sie sollten in Frachtschiffen abgeschoben oder ihre Boote versenkt werden.

Der Kanalbetreiber schürte mit diesem Mix eine repressive Haltung gegenüber Geflüchteten oder Ausländern, die den Nährboden für Exzesse gegen sie bereiten kann. Deswegen bewertete die MA HSH den Kanal insgesamt als volksverhetzend und damit als unzulässig. Der Kanalbetreiber verstieß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV). Da die MA HSH dessen Identität nicht ermitteln konnte, wandte sie sich an den Plattformanbieter YouTube. YouTube schloss sich der Bewertung an und sperrte den Kanal für den deutschen Markt.

Relevante Rechtsgrundlagen

§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 JMStV

Unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit sind Angebote
unzulässig, wenn sie zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, dass Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden.

PDF des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags